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ndlich selbständig. Das ist der Traum von vielen. Doch was so euphorisch begann, fühlt sich auf einmal gar nicht mehr gut an. Ist jetzt die Zeit, die Selbständigkeit zu beenden? Bei einer Selbständigkeit ist es so ähnlich wie mit Partnerschaften. An irgendeinem Punkt kommt bei vielen die Frage auf, ob der Status quo noch haltbar ist. Geht es dir auch so? Dann nimm die folgenden Ausführungen als Gedankenanstöße!

Was sind typische Gründe für die Aufgabe der Selbstständigkeit?

Von privaten Veränderungen bis hin zu Änderungen der äußeren Umstände gibt es zahllose Gründe, warum die Aufgabe der Selbständigkeit in Betracht gezogen wird. Hier sind eine Auswahl davon:

  • Die privaten Umstände verändern sich.
  • Die Selbständigkeit wurde zu zeitaufwendig.
  • Die Umsätze sinken.
  • Der Preisdruck lässt sich nicht mehr abfangen.
  • Innovationen kann oder will man nicht mehr integrieren.
  • Das zunehmende Alter verlangt einen Ausstieg. 
  • Die Konkurrenz wird übermächtig. 
  • Es bestehen generelle Wirtschaftskrisen wie jetzt durch Corona. 
  • Gesundheitliche Gründe zwingen zu einem Geschäftsverkauf oder eine Geschäftsaufgabe.

Vor der Betriebsaufgabe: Gründe abwägen und einordnen

Manchmal wächst einem einfach alles über den Kopf. Am liebsten wäre es dir jetzt, alles hinzuschmeißen. Doch halte inne und überlege: Ist dies nur eine Momentaufnahme oder steckt dahinter ein tieferes Gefühl der Überlastung und Unzufriedenheit? Krank machen darf dich deine Selbständigkeit natürlich nicht.

Ähnlich wie bei anderen wichtigen geschäftlichen Entscheidungen solltest du auch bei der Überlegung zur Aufgabe der Selbständigkeit über die Vor- und Nachteile nachdenken. Weitere Fragen sind:  

  • Was bewegt dich zu diesem Schritt? Ist er bereits reiflich überlegt? 
  • Folgst du nur einer momentanen Stimmung? 
  • Kannst du die Gründe durch Finanzhilfen, die Einstellung von speziellen Mitarbeitern, Entlassungen oder andere Maßnahmen aushebeln? 
  • Musst du komplett aufhören oder könntest du deine Selbständigkeit nur reduzieren und ein Einzelunternehmer oder Freiberufler ohne Mitarbeiter werden? 
  • Meinst du, du wärst in einem Angestelltenverhältnis grundsätzlich besser aufgehoben?
  • Kannst du dir eine Nachfolge durch eine qualifizierte Person vorstellen?

Denk über Fragen wie diese nach, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.

Was sind die Folgen aus der Aufgabe der Selbständigkeit?

Der Ausstieg aus der Selbständigkeit ist formal sehr einfach. Rückgängig lässt er sich jedoch kaum machen, weswegen du ihn gut abwägen solltest. Selbstverständlich kannst du erneut ein Gewerbe anmelden oder zum Gründer eines Unternehmens werden, aber alte Kunden sind dann vermutlich weg.

Möchtest du definitiv die Selbständigkeit aufgeben, kommen einige Schritte auf dich zu. Sie sind ein bisschen zeitaufwendig, aber nicht schwierig. Welche dies im Detail sind, hängt von deiner Art der Selbständigkeit ab. Hier ein paar mögliche Maßnahmen, die du nun einleiten musst:

  • Kündigung betriebsbezogener Versicherungen und Verträge
  • Abmeldungen des Gewerbes
  • Mitteilung ans Finanzamt über die Betriebsaufgabe
  • Löschungen im Handelsregister
  • Änderung von Geschäftskonten
  • Mitteilung an Kunden und Lieferanten

Wie du nur an diesen wenigen Beispielen siehst, ist die Aufgabe der Selbständigkeit ein Prozess. Du musst all die organisatorischen Dinge nicht an einem Tag lösen. Einen festen Stichtag gibt es dafür auch nicht. Darüber hinaus können über die Betriebsaufgabe hinweg noch Aufgaben anfallen. Dazu gehört das Kassieren von offenen Forderungen. Bei größeren Betrieben dauert die Betriebsaufgabe bis zu 12 Monate. Bei Einzelunternehmen oder Freiberuflern ist dieser Zeitraum durch den geringeren Aufwand deutlich kürzer.

Selbständigkeit aufgeben: denk an dich!

Bei der Aufgabe der Selbständigkeit musst du auch an die Neuorganisation deines Lebens denken. Dazu gehört eine Kontaktaufnahme mit der Krankenversicherung. Als Selbständiger hattest du vermutlich eine private Krankenversicherung. In Abhängigkeit von deinem Alter und deiner weiteren Lebensplanung kann es nun ratsam sein, zurück in die gesetzliche Krankenversicherung zu wechseln.

Und wie sieht es mit den Steuern aus? Besprich diesen Punkt mit deinem Steuerberater, um individuell korrekt informiert zu sein.

Ein weiterer Punkt umfasst die staatlichen Leistungen. Bist du nun arbeitslos, solltest du dich auch als arbeitslos melden. Das ermöglicht dir, staatliche Leistungen wie Arbeitslosengeld zu beziehen. Im Vorteil sind jetzt Selbständige, die sich dagegen abgesichert haben – privat oder von staatlicher Seite. Umso früher du dich dort meldest, desto früher erhältst du wertvolle Bezüge.

Denk an die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen und Kündigungsfristen

Nach der Betriebsaufgabe sind gesetzliche Aufbewahrungsfristen einzuhalten. Aus diesem Grund dürfen einige Geschäftsunterlagen nach dem Ausstieg aus der Selbständigkeit nicht sofort in den Reißwolf. Insbesondere das Finanzamt verlangt unter Umständen noch Nachweise, Rechnungen usw. – teilweise sogar nach Jahren.

Hast du Mitarbeiter? Dann gibt es Kündigungsfristen, die du einhalten musst.

Bei langjährigen Beschäftigten können diese einige Monate betragen. Solltest du Auszubildende haben, ist es wichtig, für sie einen anderen Ausbildungsbetrieb zu finden. Du kannst dazu sogar verpflichtet sein.

Der emotionale Part: ich bin gescheitert!

Insbesondere in Deutschland wird die Geschäftsaufgabe oder der Ausstieg aus der Selbständigkeit mit einem Scheitern gleichgesetzt. „Na, der hat es wohl nicht geschafft.“ Das ist die allgemeine Annahme, wenn eine Person vor dem Rentenalter seinen Betrieb schließt oder in ein Angestelltenverhältnis wechselt. Das ist jedoch nicht fair. Selbst wenn die Geschäftsidee nicht gezogen hat oder es an innovativen Ideen mangelte, das als ein Versagen zu titulieren hemmt dich nur. Zudem kann es die bessere Entscheidung sein, aus der Selbständigkeit auszusteigen. Mut gehört dazu, diese Erkenntnis zu haben und durchzusetzen.

Verharrst du in dem Gedanken, es wäre ein Scheitern gewesen, wird sich das auf dein Leben auswirken. Du wirst künftig zögern, dich in Selbstzweifeln vergraben und an Risikobereitschaft verlieren. Sogar dein Privatleben kann darunter leiden. Lass das nicht zu!

Menschen definieren sich nicht durch ihre Niederlagen, sondern durch ihr Vermögen, sich immer wieder neu zu erfinden und weiterzumachen.

Vorbereitung ist alles

Wenn du dich selbständig machst, solltest du die mögliche Aufgabe des Betriebs mit einkalkulieren. Es kann immer etwas Unvorhergesehenes passieren. Manchmal sind es widrige Umstände. Ein Beispiel: Welcher Gründer hat vor der Coronakrise daran gedacht, solch ein äußerer Faktor könnte das eigene Geschäft ins Verderben reißen?

Wir können nicht alles vorherbestimmen. Allerdings ist es möglich, einige Risiken einzukalkulieren. Deswegen ist es ratsam, bereits vor der Selbständigkeit einen Plan B parat zu haben – auch wenn er nur mental ist. Ein bisschen finanzielle Absicherung kann auch nicht schaden. Am wichtigsten ist jedoch, dass du deine Angst vor dem Scheitern verlierst. Eine Maßnahme dafür ist, sich auf eine etwaige Geschäftsaufgabe einzustimmen. Schreib dir ruhig eine Liste mit den schlimmsten Szenarien. Du wirst sehen, du kannst sie ganz leicht entkräften. 

Hinweis: Die hier angebotenen Informationen dienen als Orientierung und ersetzen keine fachliche Beratung. Bitte wenden Sie sich an eine qualifizierte Person oder einen Steuerberater, um Ihre eigene Situation abzuklären.

Stand September 2021

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Photo by Tim Mossholder on Unsplash

Publiziert am 
Jul 22, 2021
 in Kategorie:
Planung

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