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ngst ist ein wichtiges Gefühl, welches uns vor Gefahren warnen und vor Schaden beschützen kann. Doch leider hat die Angst auch eine andere Seite: Sie kann uns lähmen und uns Chancen berauben, da wir zu vorsichtig sind. Bezüglich der Selbständigkeit ist die Angst oft ein Grund, ein bestehendes Angestelltenverhältnis nicht zu kündigen, um fortan der eigene Chef zu sein. Zahllose Menschen verharren über etliche Jahre hinweg unzufrieden in Jobs, weil sie ein Gefühl der Angst hemmt, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen. Doch wie lässt sich diese starke Emotion, die mit großen Zweifeln einhergeht, überwinden? Der erste Schritt ist immer, sich mit sich selbst und dem Grund für die Angst vor der Selbständigkeit zu beschäftigen.

Worin liegt die Angst vor der Selbständigkeit begründet?

Wieso Menschen Angst davor haben, sich selbständig zu machen, kann ganz unterschiedlich sein. Umfragen innerhalb Deutschlands offenbaren ein Ranking an Gründen für die Angst:

  1. Kein Startkapital
  2. Angst zu scheitern
  3. Unzureichende wirtschaftliche Kenntnisse
  4. Hoher bürokratischer Aufwand
  5. Keine eigene Geschäftsidee
  6. Unzureichende staatliche Förderung
  7. Fehlende Beratung

Alle Gründe haben eine große Gemeinsamkeit. Sie stehen für Unsicherheit. Unsicherheit bezüglich der finanziellen Situation, Unsicherheit hinsichtlich des eigenen Könnens und Unsicherheit, wie sich die Selbständigkeit erfolgreich realisieren lässt. Erkennst du dich darin wieder? Wie würdest du deine Angst genauer definieren?

Persönliche Angst definieren

Es ist eine Binsenweisheit, sich seinen Ängsten stellen zu müssen, um sie zu bekämpfen. Wenn das so einfach wäre, dann würden es viel mehr Menschen tun und mutiger sein. Doch es ist schwer. Schwer ist nicht nur das Überwinden der Angst, sondern auch die ehrliche Eigendiagnose: Wovor habe ich wirklich Angst? Diese Frage lässt sich oft nicht ad hoc beantworten, sondern du musst einen tiefen Blick ins Seelenleben werfen. Angenehm ist das nicht, denn so mancher Geist der Vergangenheit mag auftauchen, der dich an unschöne Erlebnisse aus der Jugend oder Kindheit erinnert. Trau dich! Indem du weißt, was dich ängstigt, hast du bereits einen wichtigen Schritt getan, dem Angstgespenst zu begegnen.

Extratipp: Ängste vermischen sich gern miteinander. Das ist vor allem der Fall, wenn du generell ein vorsichtiger oder ängstlicher Mensch bist. Versuche dennoch die einzelnen Ängste von dir klar zu definieren, um ihnen logische Argumente entgegensetzen zu können.

Wie lässt sich Angst bekämpfen?

Angst ist ein unbestimmtes Gefühl, welches mit Besorgnis und Beklemmung einhergeht. Es geht von wenig spezifizierbaren Einflüssen aus. Gibt es für sie einen rationalen, konkreten Grund, wird im Deutschen auch von Furcht gesprochen.

Um die Furcht vor der Selbständigkeit zu bekämpfen, definiert du sie im ersten Schritt genau und hinterfragst sie dann. Oft verliert sie so ihren bedrohlichen Charakter. Hier ein paar typische Beispiele für Ängste und wie mit ihnen umgegangen werden kann:

Existenzangst

„Was geschieht, wenn meine Selbständigkeit scheitert und ich alles verliere?“ Dahinter stecken Existenzängste. Sie sind bis zu einem gewissen Grad normal und gesund. Hält dich solch eine Angst von der Selbständigkeit ab, solltest du darüber nachdenken, wie die finanzielle Absicherung erfolgen könnte. Überlege auch, ob du tatsächlich Angst vor dem finanziellen Verlust hast oder eher vor einem gesellschaftlichen "Versagen" oder dem Scheitern an sich.

Konkurrenzangst

„Andere sind bestimmt besser als ich. Die Konkurrenz auf dem Markt ist zu groß.“ Zweifelsohne ist es wichtig, über die Wettbewerber nachzudenken und sie zu analysieren. Jedoch solltest du auch bedenken, dass Wettbewerb den Markt belebt. Allein die Supermarktregale offenbaren dir, dass viele Unternehmen, die fast das gleiche produzieren, erfolgreich nebeneinander bestehen können. Auch gibt es nicht nur einen Friseur oder einen Bäcker in deiner Stadt.

Angst vor der eigenen Unfähigkeit

„Ich bin nicht gut genug. Andere können alles besser als ist. Meine Selbständigkeit wird wegen mangelnden Fachkenntnissen scheitern.“ Auch diese Angst schlummert in vielen von uns. Ob tatsächlich Fachkenntnisse fehlen oder es eher an einem unzureichenden Selbstvertrauen liegt, kannst nur du selbst beurteilen. Eines sei dir aber mitgegeben: Viele Selbständige glauben, sie müssten alles wissen und alles selbst machen. Das ist ein typischer Anfangsfehler bei Gründern. Du musst nicht alles können. Zeitlich ist das schon gar nicht machbar. Wenn du beispielsweise ein Kosmetikstudio aufmachen möchtest, aber Sorge vor der Buchhaltung hast, dann beschäftige dich damit selbst eingehend oder suche dir externe Hilfe.

Konkrete Tipps zum Umgang mit der Angst vor der Selbständigkeit

Tipp 1: Beginn mit einer guten Planung. Sie ist deine beste Waffe gegen Risiken. Wenn du weißt, mit welchen Kosten du grob zu rechnen hast und was deine Selbständigkeit im Detail noch ausmachen wird, nimmst du dir viele Ängste. Auf einmal wird vieles kalkulierbar und damit „sicherer“.

Tipp 2: Mach einen Testdurchlauf. Manch einer ist unsicher, ob die Geschäftsidee oder sich der eigene Charakter für die Selbständigkeit eignet. Indem du deine Selbständigkeit zu Beginn im Nebenerwerb testest, kannst du dich langsam an die neue Situation herantasten. Natürlich geht dies nicht bei allen Geschäftsideen, aber viele bieten diese Möglichkeit.

Tipp 3: Such dir Hilfe und nimm Hilfe an. Du kannst dich nicht in jedem Bereich zu 100 % auskennen. Es gibt kostenfreie staatliche Stellen, die Gründern eine Unterstützung bieten. Teilweise ist guter Rat auch kostenpflichtig, aber das musst du einkalkulieren.

Tipp 4: Sprich mit anderen Selbständigen aus deinem avisierten Geschäftsfeld. Du findest sie in Branchenverbänden und an Stammtischen. Das nimmt Berührungsängste mit dem Thema an sich und du erkennst, dass auch erfolgreiche Unternehmer noch Ängste bezüglich ihres Unternehmens verspüren.

Tipp 5: Setze auf eine gescheite Vorsorge. Insbesondere Menschen, die ein hohes Maß an Sicherheit und Stabilität anstreben, scheuen sich vor der Selbständigkeit. Indem du spezielle Versicherungen abschließt oder eine finanzielle Rücklage bildest, kannst du dir Existenzängste nehmen.

Tipp 6: Male dir den schlimmsten Fall aus. Diese Strategie ist bei jeglicher Angstbekämpfung hilfreich. Was ist das Worst-Case-Szenario für dich? Analysiere das und du wirst sehen, es ist nicht halb so schlimm , wie du es dir ausgemalt hast.

Tipp 7: Umgehe begründete Ängste durch neue Strategien. Nicht jede Angst findet nur in unserem Kopf statt. Manche Ängste haben ihre Berechtigung. Wenn für dich und dein Geschäftsmodell die Anfangsinvestitionen zu groß sind, dann suche dir Investoren oder Mitgründer. Es gibt Wege und Mittel, begründete Ängste zu entkräften.

Nutze die Angst vor der Selbständigkeit produktiv

Keine Frage: Unternehmertum erfordert Mut. Ein Scheitern ist möglich und sollte einkalkuliert werden. Gerade am Anfang ist zumeist der Zeitaufwand sehr hoch, weswegen Gründer nicht ein Plus an Arbeit scheuen dürfen. Auch sehr mutige, taffe Unternehmer werden hin und wieder Zweifel haben.

In schwierigen Situationen mag sich eine Existenzangst einschleichen. Wichtig ist jedoch, sich diesen Ängsten vorab zu stellen.

Das kostet Mühe und ist nicht immer angenehm, aber nur so lässt sich Angst überwinden. Nutze die Angst jedoch auch als Hilfe. Sie kann dich vor Fehlentscheidungen warnen. Letztlich geht es darum, die begründete von der unbegründeten Angst zu unterscheiden. Und: Jeder, der den Schritt in die Selbständigkeit wagt, wird von Angst beschlichen.

Hinweis in eigener Sache: Die hier angebotenen Informationen ersetzen selbstverständlich keine Steuer-, Finanz- oder Gründerberatung. Bitte wenden Sie sich an einen qualifizierten Fachanwalt, Steuerberater oder anderen Experten, um Ihre eigene Situation abzuklären.

Stand November 2021

Weitere Informationen und Quellen zum obigen Thema:

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Photo by Mitchell Griest on Unsplash

Publiziert am 
Oct 13, 2021
 in Kategorie:
Hürden

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